Zum ersten Mal geankert
Unser erster Abend vor Anker war ein Traum: Die Pötenitzer Wiek ist eine Bucht der Trave bei Travemünde. Eine unglaublich schöne Natur. Man befindet sich in direkter Nähe zu Travemünde, fühlt sich aber vor Anker fast, als wäre man mitten in der Wildnis. Ankern ist hier nur in einem ausgewiesenen Bereich erlaubt. Dies ist vor allem am Wochenende ein beliebtes Ziel.
Am Morgen wollten wir den Anker lichten und weiter fahren. Dann das Problem: Die Maschine ließ sich nicht mehr starten. Der Anlasser lief auf viel zu geringen Touren, was sich sehr nach leerer Batterie anhörte.
Da Bunny Bee zum Glück schon damals mit guten Solarzellen ausgestattet war, warteten wir einfach ein paar Stunden ab. Dabei war uns folgendes klar: Würden wir den Startversuch zu früh machen, würde das die Batterie wieder leer saugen und uns wieder zeitliche zurückwerfen. Andererseits hatten wir keine Ahnung, wie lange wir warten mussten. Also warteten wir ca. 3 Stunden ab, dann neuer Startversuch und die Maschine schnurrte wieder.
Batterie gemessen: Alles ok
Unser erster Weg nach diesem Problem führte uns zurück in unsere Yachtwerft Heiligenhafen, in der wir auch unser Hallen-Winterlager haben. Dort wurde die Batterie geprüft und es konnte kein Problem festgestellt werden.
Die Vermutung war, dass wir die Ankerkette bei zu wenig Motordrehzahl heruntergelassen hatten und dass das die Batterie leergesaugt hatte. Später sollte sich herausstellen, dass das nicht das Problem war, zumal die Ankerkette gar nicht aus der Starterbatterie betrieben wird, sondern aus den Versorgerbatterien.
Nebenbei bemerkt ist das nicht selbstverständlich, denn Batterie ist nicht gleich Batterie. Die Verbraucherbatterien sind darauf ausgelegt, möglichst lange Zeit Strom zu liefern und das bei wenig bis mittlerem Verbrauch. Die Starterbatterie ist dagegen darauf ausgelegt, nur kurzzeitig Leistung zu bringen, dafür aber sehr viel Leistung. Da die Ankerwinsch bis zu 1.000 Watt benötigt, bietet sich hierfür tatsächlich die Starterbatterie an und wird daher auch häufig hierfür verwendet. Während des Betriebs sollte man allerdings die Maschine laufen lassen und dabei für etwas Umdrehungen sorgen, so dass die Batterie nur wenig oder gar nicht beansprucht wird.
Wieder Batterie leer und kein Start möglich
Am nächsten Tag segelten wir nach Boltenhagen und hier war wieder kein Start der Machine möglich. Gleiches Problem, diesmal war aber die Situation wesentlich brenzliger: Wir waren direkt vor dem Hafen und wollten einlaufen. Unter Segeln würde ich das nicht gerade machen. Dazu kam: Es war schon Abend, daher würde uns die Sonne diesmal nicht helfen. Auch konnten wir niemanden in der Nähe telefonisch erreichen und unser neues Funkgerät war noch nicht verbaut.
Die Yachtwerft Heiligenhafen bietet einen Notdienst und wir konnten tatsächlich den Geschäftsführer Dirk Markmann erreichen, der uns hier “gerettet” hatte, an dieser Stelle auch noch mal vielen Dank hierfür. Er leitete uns telefonisch an, so dass wir uns selbst helfen konnten. Dazu wurde die Starterbatterie mit den Versorgerbatterien kurzgeschlossen. Kling einfach, wir hatten allerdings kein Starthilfekabel. In meine Not nahm ich ein eigentlich zu dünnes Kabel in der Hoffnung, dass das Kabel diesen einen Startvorgang mitmachen würde, was schließlich auch klappte.
Die ganze Prozedur hatte sicher mehr als eine Stunde gedauert. Die Nerven lagen blank, wir waren fix und fertig. Keine zwei Minuten, nachdem unsere Maschine wieder lief, kam eine Segelyacht auf uns zugesegelt, die uns um Hilfe bat, weil ihre Maschine ebenfalls nicht ansprang. Bei dieser Yacht waren allerdings sämtliche Batterien komplett leer, so dass wir sie in den Hafen abschleppten.
So ein Schleppmanöver ist vor allem direkt vor der “Landung” spannend: Zunächst muss man eine Stelle finden, bei der beide Boote neben- oder hintereinander anlegen können. Und die Marina war voll. Schließlich fanden wir zwei leere Boxen nebeneinander. Diese waren als belegt gekennzeichnet, was natürlich in so einer Situation irrelevant ist. Dann muss man das abzuschleppende Boot in die Box (in unserem Fall) fahren lassen, kurz davor die Leine lösen und dabei für eine Geschwindigkeit sorgen, mit der das andere Boot einerseits einigermaßen in die Box reinkommt, ohne vorher zum Stehen zu kommen, andererseits aber in der Box zum Stehen kommt, ohne in den Steg zu rauschen. Hatte ich schon erwähnt, dass das unser erstes Bootsjahr war? Glücklicherweise finden sich an Land (fast) immer helfende Hände.
Für die Erfahrungen, die wir an diesem Tag gesammelt hatten, bin ich sehr dankbar. Unsere Planung sieht vor, dass wir mindestens über den Atlantik segeln, vielleicht auch um die Welt. Da wird es keinen Dirk Markmann geben, der uns Tipps gibt. Daher müssen wir mit solchen Situationen mittelfristig unbedingt alleine klar kommen.
Für die Zukunft haben wir uns ein kleines KFZ Starthilfeset besorgt. Das ist letztendlich eine Powerbank, die mit USB Ausgängen auch als solche nutzt werden kann. Sie kann aber auch 12 Volt als Starthilfe liefern und hat eine Boostfunktion, um kurzzeitig genügend Power zu liefern. Wir werden diese kleine Batterie in einem der Hochschränke in Bunny Bee lagern, so dass sie uns im Notfall auch dann noch zur Verfügung steht, wenn die Yacht knietief voller Wasser ist. Dann kann die Batterie wenigstens für das Funkgerät genutzt werden. Denn: Wenn alles ausfällt ist das Funkgerät das letzte, das noch funktionieren muss.
Das Problem: Modernes Messgerät
Am nächsten Tag konnten wir wieder mit Hilfe der Sonne die Maschine starten. Anschließend hieß es erst mal zurück zur Werft. 8 Stunden Fahrt, diesmal aber nur unter Maschine. Wir hätten in dieser Situation nicht mehr gewagt, diese abzuschalten.
Nun war die Frage, was eigentlich los war. Die Ursache des Problems war das moderne, kleine Messgerät, mit dem die Werft die Batterien geprüft hatte. Diese modernen Geräte setzen sehr viel Software und Intelligenz ein, über die irgendwie Rückschlüsse gezogen werden, wie es der Batterie geht. Und das funktioniert leider eher schlecht, als recht.
Diesmal wurde mit einem alten, großen Blechkasten getestet. Keine moderne Software, sondern ganz alte Technik, der Optik nach über 50 Jahre alt. Die Batterien werden bei diesem Test kurzzeitig richtig heftig belastet. So heftig, dass die dicken Kabel zwischen Messgerät und Batterie so heiß werden, dass vor der nächsten Messung eine Minute Pause gemacht werden muss. Das Messergebnis sind drei LEDs. Grün = gut, gelb = schlecht, rot = kaputt. Der Test ergab rot, die Batterie war am Ende.
Ein paar Wochen später übrigens ein ähnliches Bild bei den Versorgerbatterien, die am Ende der Saison auch viel zu wenig Leistung brachten. Der alte Kasten zeigt hier gelbes Licht für schlechten Zustand, die moderne Technik behauptet, alles wäre in Ordnung, “Test bestanden”. Da konnte auch der Yachttechniker nur noch mit dem Kopf schütteln.
Seit dem Tausch der Starterbatterie hatten wir keine Probleme mehr.