Bootsführerscheine

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Wer unseren Beitrag “Wie alles begann” gelesen hat weiß, dass wir zwar sehr große Pläne haben, tatsächlich aber noch gar nicht viel Segel-Erfahrung mitbringen. Erst 2017 war bei uns das große Jahr der Scheine. Hier ein paar Tipps für all diejenigen, die ebenfalls mit dem Gedanken spielen, einen Bootsführerschein zu machen, um dann “auf große Fahrt” zu gehen.

Welche Scheine braucht man auf jeden Fall?

Unter “großer Fahrt” verstehe ich hier, dass man nicht nur auf Binnengewässern unterwegs ist, sondern auch auf dem Meer ein Boot führen möchte.

Wer meint, mal kurz einen Bootsführerschein machen zu wollen, wird sich wundern das dies am Ende eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit ist. Mit einem Schein alleine ist es bei weitem nicht getan. Aus unserer Sicht benötigt man rein rechtlich gesehen folgende Scheine: 

  • Sportbootführerschein See (SBF See): Die rechtliche Voraussetzung, ein Boot im Meer zu führen.
  • Sportbootführerschein Binnen (SBF Binnen)Die rechtliche Voraussetzung, ein Boot mit mehr als 15 PS auf Binnengewässern zu führen.
  • Bodenseeschifferpatent: Sicher vor Allem für Menschen interessant, die in der Nähe des Bodensees leben. Dazu weiter unten mehr.  
  • Fachkundenachweis für Seenotsignalmittel (Pyroschein): Wird zum Führen von Seenotrettungsmitteln benötigt. Dieser Schein ist relativ einfach zu erwerben, ist aber auf jeden Fall notwenig. Vercharterer müssen auf ihren Booten Seenotrettungsmittel zur Verfügung stellen, damit der Charterer im Seenotfall ein Mittel zur Verfügung hat, um Hilfe zu rufen. Alleine die Tatsache, dass sich diese Seenotrettungsmittel an Bord befinden, verpflichtet allerdings den Skipper, den Pyroschein zu haben.
  • Seefunkzeugnis SRC: Wer ein Funkgerät bedienen will braucht dazu ein Funkzeugnis. Auf See ist dies bei UKW Funkgeräten das SRC. Hier ist es ähnlich, wie mit dem Pyro-Schein. Vercharterer sind verpflichtet, auf ihren Booten ein Seefunkgerät zu verbauen. Dadurch ist aber auch der Skipper verpflichtet, dies bedienen zu können und so braucht er den entsprechenden Schein. Entscheidend ist dabei alleine die Tatsache, dass ein Funkgerät an Bord ist und nicht, ob dies überhaupt verwendet wird. Wer ohne das entsprechende Seefunkzeugnis von der Polizei erwischt wird, wird gnadenlos zur Kasse gebeten. 
  • UKW Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtfunk (UBI): Hier gilt das gleiche, wie für das SRC. Da Binnengewässer für uns persönlich eine untergeordnete Rolle spielen, haben wir hierauf verzichtet.

Der Skipper trägt eine sehr hohe Verantwortung, die mit einfachem Autofahren kaum zu vergleichen ist. Unserer Meinung nach sollten die genannten Führerscheine nicht einfach mal kurz nebenbei gemacht werden, sondern es lohnt sich, sich die Zeit zu nehmen, das notwenige Wissen akribisch aufzubauen. Und so wird der Erwerb von den o.g. Scheinen insgesamt zu einer ziemlich zeitfressenden, aber auch interessanten Angelegenheit. 

Der Trick mit dem Bodenseepatent

Wer in der Nähe des Bodensees lebt, einen Sportbootführerschein für den Bodensee, Binnen deutschlandweit und zusätzlich den Sportbootführerschein See (also fürs Meer) erwerben möchte, sollte dies folgendermaßen tun:

  1. SBF See machen (Theorie und Praxis). Die Praxis kann man dabei auch auf Binnengewässern lernen, man muss also nicht gezwungenermaßen ans Meer. Die praktische Ausbildung dauert nur ca. 3-5 Stunden. In der theoretischen Prüfung wird dagegen relativ viel gefragt.
  2. Bodenseeschifferpatent machen: Wer hier bereits den Sportbootführerschein See hat, spart sich die praktische Prüfung bei Bodenseeschifferpatent. Man sollte dies auf jeden Fall in dieser Reihenfolge machen, da die Anforderungen bei der praktischen Prüfung auf dem Bodensee wesentlich höher sind, als beim SBF See. Am besten macht man die theoretische Prüfung für SBF See und Bodenseeschifferpatent zusammen in einem einzigen Termin. Für das Bodenseeschifferpatent ist dann nur ein einseitiger Zusatzfragebogen erforderlich.
  3. Das Bodenseeschifferpatent kann gemeinsam mit dem SBF See zum SBF Binnen umgeschrieben werden. Abgesehen von einer kleinen Gebühr bekommt man also mit diesem Vorgehen den SBF Binnen dazugeschenkt! Da die Ufer des Bodensees in Deutschland, Österreich und der Schweiz liegen, gilt dieser als internationales Gewässer. Man lässt also einen internationalen Führerschein in einen nationalen Führerschein umschreiben. Das funktioniert nebenbei bemerkt genauso, wenn man in den USA seinen PKW Führerschein erwirbt. Man bezahlt dafür nur den Bruchteil des Preises, den man in Deutschland bezahlen würde, kann den Führerschein aber anschließend in Deutschland umschreiben lassen. Sehr praktisch!
  4. Anschließend mit den übrigen Scheinen weitermachen.

Jetzt gehts los: Gleich mal ab um die Welt?

Wie gesagt sind die oben genannten Scheine nicht ganz ohne Aufwand zu machen. Rechtlich gesehen, sind sie dann aber auch alles, was man braucht. Rennboot mit 2.000 PS? Darf man fahren! Segelyacht mit über 20 Meter Länge? Rechtlich kein Problem! Gibt es Limits bei Entfernungen? Nein – wer möchte, kann sofort um die Welt fahren.So sieht es das Gesetz vor, wenngleich das nicht gerade der Praxis entspricht. Wer all die oben genannten Führerscheine erworben hat, hat z.B. noch keine Minute auf einem Segelboot verbracht. Er hat keine Ahnung, wie man segelt und wie all die wundersamen Dinge, die es auf einem Segelboot gibt, überhaupt zu bedienen sind. 

Daher hier lieber langsam herantasten. Auch wenn ich als Führerschein-Neuling gleich um die Welt fahren darf, wäre es natürlich auch schön, wenn man irgendwann heil ankommen würde.

Weiterführende Segelscheine

Mit SKS (Sportküstenschifferschein),  SSS (Sportseeschifferschein) und SHS (Sporthochseeschifferschein) gibt es noch drei freiwillige Segelscheine. Diese haben keine rechtliche Relevants, können aber als Sachkundenachweis dienen. So gibt es vor allem in Deutschland Vercharterer, die einem ihr Boot ohne Vorlage eines SKS nicht anvertrauen.

Die hier genannten Scheine sind nur mit erheblichem Aufwand zu erwerben. 

Braucht man nun einen SKS, wenn man eine eigene Segelyacht hat? All die ambitionierten, stolzen Besitzer dieser Scheine mögen mir verzeihen, denn das nun folgende ist nur meine persönliche, bescheidene Meinung. 

Ich meine NEIN, man braucht sie nicht. Zumindest halte ich den SKS speziell in Deutschland für sehr zweifelhaft. Typisch Deutsch wird sehr viel Wert auf Theorie gelegt und weniger auf die Praxis. 

Analog zu dem, was ich bereits weiter oben geschrieben habe: Der Gesetzgeber schreibt Scheine vor, ohne die ich ein Boot nicht führen darf. Habe ich diese Scheine aber erworben, darf ich damit ohne Erfahrung Unternehmungen starten, bei denen es nur unwahrscheinlich ist, dass ich diese überleben werde. Dafür muss ich aber beim Bodenseeschifferpatent auswendig lernen, wie die Entfernungen zwischen den Städten sind, wie tief der See ist und viele weitere Fragen in diesem Stil, die sich kein Prüfling längere Zeit nach der Prüfung merken wird und die ihm bei der Beherrschung eines Boots auch kaum dienlich sein dürften. 

Auch müssen bei diesen Scheinen zum Nachweis praktischer Erfahrung gefahrene Seemeilen nachgewiesen werden. Dabei zählt nur das Meer, segelt man dagegen auf Binnengewässern, zählt das nicht. Macht man aber all seine Seemeilen locker per Motorboot im Meer, zählt das wieder. Ich hoffe, hier wird klar, warum ich den Sinn eines solchen Systems bezweifle.

Das Gegenstück zu den hier genannten Scheinen ist bei den Briten übrigens der Yachtmaster, bei dem es anscheinend genau umgekehrt ist: Hier wird wesentlich weniger Wert auf Theorie und mehr Wert auf die Praxis gelegt. Klingt schon besser.

Wir werden daher mehr Wert auf private Skippertrainings legen, die uns in der Praxis etwas bringen. Alles in allem ist es fraglich, warum ich Scheine erwerben sollte, deren Wissen ich mir genausogut aneignen kann, ohne hierfür jemals eine Prüfung abzulegen. Aber das kann natürlich jeder sehen, wie er will. 

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